Donnerstag, 26. April 2007

Lebensmittel auf Reise

Wer sich mit Umwelt und mit Nachhaltigkeit befasst, kennt die Diskussion um die Frage, woher die Produkte kommen, die wir tagtäglich kaufen und verbrauchen. Vor allem bei unseren Lebensmitteln macht es einen Unterschied, woher wir sie beziehen: frisches Obst im Winter kommt aus Südafrika, Chile oder Mittelamerika zu uns, Erdbeeren oder Tomaten werden fast das ganze Jahr über in Südspanien in Glashäusern gezogen und dann per LKW durch halb Europa zu uns transportiert. Sind die entsprechenden Produkte bei uns gereift, sind viele von uns bereits gesättigt und greifen nicht mehr auf die heimischen Lebensmittel zurück, die keine weite Reise machten. Das Beispiel des Erdbeerjoghurts, dessen einzelne Komponenten (Milch, Deckel, Fruchtzusatz etc.) aus ganz Europa stammen und das 9.115 km Transportleistung summiert zurücklegt, ist geläufig.

In seinem Buch ESSEN MACHT POLITIK beschreibt Hans Putzer einen typischen Warenkorb aus der Steiermark. Für einzelne Produkte listet er auf, welche Alternativen es für eine Grazer Hausfrau gibt: Erdäpfel legen 10 km (Grazer Umland) oder 2.000 km zurück (Zypern), Äpfel 30 km (Bezirk Weiz) oder 10.000 km (Südafrika). Wein stammt aus der Südsteiermark (50 km) oder aus Kalifornien (9.700 km), Dörrpflaumen reisen 70 km (Hartberg) oder 9.700 km (Kalifornien). Der Käse aus der Obersteiermark ist 70 km unterwegs, aus Frankreich ist er über oder 1.000 km angereist. Kürbiskerne aus der Südoststeiermark (60 km) lassen sich mit ägyptischen Erdnüssen vergleichen, die 2.600 km auf dem Buckel haben, Birnen (60 km aus der Oststeiermark) mit neuseeländischen Kiwis (18.000 km). Ob der Geschmack von Weizer Schafffleisch (30 km) sich von neuseeländischem Schafffleisch (18.000 km) so sehr unterscheidet, dass es die weite Anreise wert ist? Die Frage ist, ob unsere Produkte aus der Steiermark stammen oder ob sie per Schiff, LKW oder sogar per Flugzeug zu uns transportiert werden. Der „steirische Einkaufskorb“ hat 380 km „mitgekauft“, der vergleichbare „internationale Einkaufskorb“ 71.000 km.

Putzer geht aber noch weiter mit seiner Analyse. Mit der Transportenergie, die ein Kilogramm neuseeländischer Kiwis konsumiert hat (136 Kilowattstunden), könnte man wahlweise 680 kg italienische Kiwis nach Österreich bringen oder 38 Tage nonstop fernsehen.

Wird so oft kritisiert, dass man nichts tun kann und es ganz allein der Moloch Wirtschaft ist, der an unserer ökologischen Krise schuld ist, so kann man an diesen kleinen Rechenbeispielen deutlich erkennen, dass dem nicht so ist. Als Konsumenten haben wir Macht: wir können uns informieren und wir können unsere Entscheidung treffen. Unsere Entscheidung zeigt auf jeden Fall Wirkung, es ist nur die Frage, in welche Richtung? Wollen wir eine zukunftsfähige Welt haben, in der wir mit weniger Ressourcenverbrauch den gleichen Komfort haben oder ist es uns egal, wie die Welt in fünf, zehn oder zwanzig Jahren aussieht? Wir haben die Macht, dies zu entscheiden – nützen wir sie!
Reto Stauss - 27. Apr, 07:41

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Reto

mischa64 - 27. Apr, 08:05

Danke für die Rückmeldung, werde versuchen, das zu korrigieren!
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