Menschenrechte

Montag, 24. Dezember 2007

Graz - Stadt der Menschenrechte

Meine Heimatstadt Graz ist seit dem Februar 2007 die erste - und bisher einzige - europäische Stadt der Menschenrechte. Dies ist vielen Grazerinnen und Grazern kaum bewusst. aber Das war der Grund für mich, gemeinsam mit dem ORF Landesstudio Steiermark einen Film zu drehen, der am 9. Dezember 2007 im ORF als Österreichbild am Sonntag ausgestrahlt wurde. Wir haben dazu in Graz, Sarajevo und in Korogocho, einem Slum am Rande von Nairobi gedreht, die Dreharbeiten führen uns im Jahr 2008 für den zweiten Teil des Films auch nach Rosario/Argentinien und Edmonton/Kanada.

Informationen zu diesem Filmprojekt gibt es unter www.menschenrechtsstadt.at.

Seit zwei Tagen gibt es auch einen Podcast dazu. Auf der ersten deutschen Edutainment-Plattform "<b>Das Abenteuer Leben" habe ich zusätzlich zu meinem Podcast "Das Abenteuer Nachhaltigkeit" nun auch noch den Podcast "Das Abenteuer Menschenrechte" gestartet. Ich lade Sie/Dich sehr herzlich ein, hineinzuhören.

Der Film wird Mitte Jänner 2008 auf 3sat zu sehen sein!

Mittwoch, 4. Juli 2007

Abenteuerurlaub in Guatemala

In diesen Tagen blickt die gesamte (Sport-) Welt nach Guatemala. Das internationale olympische Komitee entscheidet über den Austragungsort von olympischen Spielen und zu diesem Anlass sind große Delegationen der kandidierenden Nationen nach Mittelamerika gereist. Tagtäglich sind nun die Zeitungen voll mit Direktberichten aus Guatemala. Allein die österreichische Delegation hat über 60 Mitglieder und in Meetings wird von Bundeskanzler Gusenbauer und weiteren mitgereisten Politikern, Spitzensportlern und Funktionären Lobbying gemacht, damit Österreich die Olympiade bekommt. In mehrseitigen Artikeln wird über die „Schwierigkeiten“ geschrieben, die einem als „Olympiatourist“ begegnen: Koffer gehen auf der langen Anreise verloren und eine Journalisten muss sich nun mit der Bekleidung begnügen, die sie am Leib trägt. Bundeskanzler Gusenbauer bekommt beim Jogging Begleitschutz von drei Polizeifahrzeugen und man gerät kaum außerhalb des „Hochsicherheitstraktes“ (=Sperrzone der drei Verhandlungshotels). Wenn ja, habe man sich vorzusehen: Guatemala ist eines der gefährlichsten Länder der Welt, wenn man überfallen werde, dann möge man alles hergeben, man solle nur zu in Kleingruppen zu dritt oder zu viert unterwegs sein etc.

So oft, wie Guatemala in diesen Tagen in den Medien ist, war es die letzten zwei Jahrzehnte wahrscheinlich in Summe nicht. Was für Journalisten, die vor allem die Sicherheit und den Standard von Europa gewöhnt sind, wie ein Abenteuerurlaub aussieht, ist trauriger Alltag in diesem wunderschönen Land Mittelamerikas. Tagtäglich werden unzählige Menschen ermordet – laut Angaben von Guatemaltekischen Menschenrechtsaktivisten sind es mehr, als in den schlimmsten Zeiten der Militärdiktatur. Arbeiter auf den Kaffeeplantagen bekommen oftmals nicht den gesetzlichen Mindestlohn von US-$ 4,-- pro Tag und aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation wachsen immer mehr Kinder auf, die unterernährt sind und durch die Fehl- und Unterernährung bleibende Gesundheitsschäden aufweisen. Davon ist in diesen Tagen nicht die Rede.

Wäre es nicht so traurig, dann könnte man es als Ironie der Geschichte ansehen, dass in einem Land wie Guatemala, in dem strukturelle und „gewöhnliche“ Gewalt an der Tagesordnung stehen, die Entscheidung für olympische Spiele getroffen wird, die so gern und großspurig als völkerverbindend und als Spiele des Friedens bezeichnet werden.

Es wäre zu wünschen, dass durch das kurze Scheinwerferlicht, Interesse an Guatemala und an der Lebenssituation der Menschen wächst und dass vor allem Druck aus dem Ausland entsteht, die gravierendsten Probleme anzugehen. Nach rund einem Dutzend Reisen in dieses Land in den letzten zwanzig Jahren habe ich Zweifel!

Samstag, 19. Mai 2007

Shooting in Sarajevo

Vier Tage intensiven Filmens in Sarajevo gehen zu Ende. Das Drehen hier in dieser Stadt, die gerade auf den 15. Jahrestag des Kriegsbeginns zurückblickt, war interessant und spannend. In der Organisation dieser Reise schickte ich ein Mail an wus austria, unsere Partner vor Ort in der bosnischen Hauptstadt. Um die Kommunikation zu erleichtern, war das Mail mit unseren Terminen, Wünschen und den Bitten auf Klärung in der gemeinsamen Fremdsprache Englisch. Ein Blick ins Wörterbuch bestätigte: Filmaufnahme, filmen wird mit shooting übersetzt. Shooting, Schießen ist aber etwas, das hier in Sarajevo noch allzu bekannt ist. Überall in der Stadt sieht man an den Hauswänden Einschusslöcher und die Schäden, die Granaten angerichtet haben. Unsere Partner erklären uns immer wieder, von wo geschossen wurde, wo die Schützengräben und wo sich die Scharfschützen versteckten. Das shooting erhält eine weitere Dimension, wenn man von den Menschen hört, wie sie oder ihre Verwandten die vier Jahre Belagerung überstanden und was es bedeutete, völlig abgeschnitten zu sein. Unsere Dolmetscherin, die es mit ihrer Familien zu den in Deutschland lebenden Großeltern schaffte, erzählt uns, dass viele Jugendliche heute, 15 Jahre nach dem Kriegsbeginn massive Probleme haben, mit der Erfahrung, vier Jahre in Wohnungen eingesperrt gewesen zu sein, fertig zu werden. Es gibt de facto keine psychologische Begleitung zur Aufarbeitung dieser Erlebnisse und die Unterschiede des Umgangs sind auf der Straße zu sehen. Es gibt wesentlich mehr junge Frauen und Mädchen, als es Burschen gibt. Die Burschen zieht es weg von hier, die Mädchen bleiben in ihrer Heimat. Auch von Bindungsängsten unter jungen Menschen berichtet sie: viele haben Angst, eine dauerhafte Beziehung einzugehen.

Beeindruckend sind die jungen Leute, die wir in den letzten Tagen trafen. Viele kamen zurück, um am Wiederaufbau Sarajevos und Bosnien-Herzegowinas mitzuwirken. Sie strahlen Dynamik aus, Energie und Hoffnung, dass es besser wird. Wenn man daran denkt, was man selbst vor 14, 15 Jahren gemacht hat, dann rückt der Krieg näher. Es ist nicht mehr die Eltern- und Großelterngeneration, die vom Krieg erzählt, es sind Menschen, die gleich alt sind oder ein paar Jahre jünger. Es wird wohl noch eine Zeit dauern, bis man shooting hier nur mehr mit Filmen verbindet und nicht mit den Erinnerungen an die Zeit des Krieges und der Belagerung!

Donnerstag, 17. Mai 2007

Kopftuch – ein Problem?

In West- und Mitteleuropa erhebt sich immer wieder die Diskussion über Frauen, die Kopftücher tragen. Sehr schnell wird das Kopftuch nicht nur mit der muslimischen Religion in Verbindung gebracht, es wird auch davon ausgegangen, dass die Trägerin eine religiöse Fanatikerin ist, zum Tragen des Kopftuches gezwungen wird und ihrer persönlichen Freiheit beraubt wird.

Ist der Anblick von muslimischen Frauen in meiner Heimatstadt noch ein ungewohnter Anblick, so mache ich in diesen Tagen eine völlig andere Erfahrung. Ich bin zur Zeit mit einem ORF-Kamerateam in Sarajevo, wo wir Filmaufnahmen für einen Film über Menschenrechte machen. Mit Sarajevo verbinde ich Erinnerungen aus meiner Schulzeit: die Ermordung des österreichischen Thronfolgers, die letztendlich zum ersten Weltkrieg geführt hat. Die Vielzahl der Kulturen, ethnischen Gruppen und Religionen, die in großer Toleranz an einem Ort zusammen gelebt haben und die Bilder, die noch gar nicht so lange her sind, als es in Folge des Zerfalls von Jugoslawien zu einem grausamen Krieg kam. Bis heute kann man an den Gebäuden, auf den Straßen und Plätzen, aber auch in den Erzählungen der Menschen diesen Krieg spüren. Die äußeren Schäden werden langsam beseitigt, die inneren Wunden heilen langsam. Was aber faszinierend ist, und ich komme zum Eingangs erwähnten Kopftuch zurück, ist der Anblick, der sich hier auf den Straßen bietet. An einem vorsommerlichen Tag mit Temperaturen weit 20 Grad Celsius sieht man auf der Straße Frauen und Mädchen, die sommerlich-modisch gekleidet sind, aber man sieht auch Frauen – junge wie ältere - mit Kopftuch und Überwurf. Interessant ist es, wenn sich dieser Kontrast an zwei Frauen zeigt, die in einem der zahlreichen Straßenkaffees sitzen oder heftig diskutierend und tratschend durch eine der schönen Straßen in der Altstadt gehen. Spätestens hier wird einem klar, dass das, was bei uns in Mittel- und Westeuropa manchmal zu einer Grundsatzfrage hochstilisiert wird, hier kein Thema ist. Man kann erkennen, dass die Person zählt, und nicht das Äußere. Es gibt Hoffnung, dass in einer Stadt, in der vor wenigen Jahren noch Straßenkämpfe, ethnische Säuberungen und ein grausamer Krieg das Leben prägten, ein Miteinander möglich ist, das auch uns in Mittel- und Westeuropa zu mehr Toleranz und Akzeptanz von Fremdem und Fremden ermuntern sollte

EZA
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